Frauenklinik Gemeinsam für die Aufklärung von Endometriose Start >#EndoMarch – Gemeinsam für... 11-05-21#EndoMarch – Gemeinsam für die Aufklärung von EndometrioseDr. med. Alina Staikov (BG), Melanie Vogt und Dr. med. Plamen Kostov sprechen über Endometriose, den Stand unserer Projekte und künftige Pläne, um weiter gemeinsam über die Krankheit aufzuklären.9 MinutenAlexandra Gunz Bei #EndoMarch handelt es sich um eine weltweite Kampagne mit dem Ziel, das Bewusstsein der Bevölkerung für Endometriose zu steigern (Weitere Informationen erhalten Sie auf der offiziellen Webseite). Es wird angenommen, dass jede zehnte (!) Frau im gebärfähigen Alter an Endometriose leidet. Trotzdem ist die Krankheit und deren Auswirkungen leider immer noch relativ unbekannt, obwohl Endometriose eine der häufigsten chronischen Frauenerkrankungen ist. Um besser über die Krankheit aufzuklären, hat das See-Spital gemeinsam mit Dr. Alina Staikov, CEO der Gynäkologie Praxen gynpoint sowie Oberärztin in unserer Frauenklinik und Melanie Vogt, Mitarbeiterin bei gynpoint und Gründerin der Endometriosevereinigung Schweiz, verschiedene Projekte lanciert. Melanie Vogt, Sie sind Gründerin der Endometriosevereinigung Schweiz. Wie kam es dazu? Melanie Vogt: Ich bin selbst von Endometriose betroffen und wurde deswegen 2014 im See-Spital von Dr. Kostov operiert. Ich war damals angehende Pflegefachfrau in Ausbildung, wusste aber nicht, was Endometriose ist. Auch im Austausch mit meinen Freundinnen, die im Spital arbeiteten, musste ich feststellen, dass auch sie nicht Bescheid wussten. Das heisst, dass Sie eigentlich nur durch die Diagnose über Endometriose aufgeklärt wurden? Melanie Vogt: Ja. Ich habe auch nie darüber gelesen oder etwas davon gehört, obwohl ich meine Ausbildung in einem Spital machte. Deshalb kam ich auf die Idee, eine Gruppe auf Facebook zu gründen, welche Frauen die Möglichkeit gibt, sich über die Krankheit auszutauschen und zu erkennen, dass man nicht alleine ist. Mittlerweile habe ich auch eine Webseite auf die Beine gestellt. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Viele Frauen sagen mir, dass sie sehr froh über die Webseite sind, da sie endlich Gleichgesinnte fanden. Endometriosevereinigung Schweiz Gründerin Melanie Vogt Obwohl davon ausgegangen wird, dass eine von zehn Frauen an Endometriose erkrankt ist, wissen viele nicht, dass es die Krankheit überhaupt gibt. Dr. Staikov, können Sie erklären, um was für eine Krankheit es sich dabei handelt? Dr. Staikov: Bei Endometriose handelt es sich um eine Krankheit mit einem chronischen Verlauf. Es siedeln sich ausserhalb der Gebärmutter gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe und Zellen an, zum Beispiel an den Eierstöcken, an den Eileitern, an der Harnblase oder am Darm. Eine Sonderform der Endometriose ist die Adenomyose, bei welcher die Gebärmutter selbst (die Muskulatur) betroffen ist. Eine Seltenheit ist die extraabdominale Lokalisation der Endometriose bei welcher zum Beispiel die Lungen betroffen sein können. Und wie wird die Krankheit diagnostiziert? Dr. Staikov: Die Diagnose ist schwierig, da die Krankheit polymorphe Symptome aufweist. Es kann sein, dass bei einer gynäkologischen Untersuchung mit Ultraschall nichts oder wenig Auffälliges gefunden wird. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sich die Ärztin oder der Arzt genügend Zeit für die Krankheitsgeschichte nimmt. Die Indikatoren sind therapieresistente schmerzhafte Beschwerden während der Periode, wie Rücken- und Bauchschmerzen, sowie Schmerzen beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und beim Geschlechtsverkehr während und ausserhalb der Periode, welche den Alltag beeinträchtigen. Auch ein unerfüllter Kinderwunsch ist eines der Leitsymptome. Durch eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) ist es möglich, Proben von verdächtigen Herden zu entnehmen, um die Diagnose histologisch zu bestätigen und diese zu entfernen, um mindestens für den Zeitpunkt die Patientinnen von mehreren Beschwerden zu befreien. Da die Endometriose aber ein chronischer Verlauf hat und durch die körpereinigen Hormone beeinflussbar ist, sollte die Therapie konsequent nach der Operation weitergeführt werden. Man liest oft, dass bis zum Zeitpunkt der Diagnose durchschnittlich 6-7 Jahren vergehen. Wie kommt das? Dr. Staikov: Eine der häufigsten Beschwerden ist die schmerzhafte Periode. Viele Frauen, die davon betroffen sind unterschätzen diese Beschwerden. Deshalb suchen sie auch nicht gleich Hilfe. Es ist wichtig, dass die Fachpersonen der Krankheit mehr Aufmerksamkeit schenken. Chronifizierte und schwere Verläufe, sowie eine Beeinträchtigung der Fertilität können dadurch vermieden werden. Endometriose findet man bei bis zu 50 % der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Oberärztin am See-Spital und gynpoint Gründerin Dr. med. Alina Staikov (BG) Kann eine Frau mit Endometriose überhaupt schwanger werden? Dr. Staikov: Ja. Es gibt Frauen, die an Endometriose leiden und spontan schwanger werden. Aber auch bei Frauen, bei denen der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, gibt es Hoffnung. Eine komplexe Therapie, welche von einer Bauchspiegelung mit Entfernung der Herden, über Hormontherapie bis ins Kinderwunschzentrum geht, ermöglicht diesen Wunsch. Somit ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Spezialisten von grösster Bedeutung. Dr. Kostov, Sie sind unter anderem spezialisiert auf die Entfernung von Endometrioseherden. Wann kommt ein chirurgischer Eingriff in Frage? Dr. Kostov: Es gibt keine goldene Regel, wann und ob operiert werden soll oder muss. Endometriose kann einen chronischen Verlauf nehmen und immer wieder auftauchen. Es gibt leider noch keine sichere medizinische Behandlung, bei der garantiert werden kann, dass die Krankheit nicht mehr auftritt. Eine erste Indikation, die aber für eine Operation spricht, ist, wenn die Endometrioseherde bereits ein oder mehrere Organe befallen haben und diese dadurch beschädigt worden sind. Zum Beispiel bei einem Darmbefall besteht das Risiko auf einen Darmverschluss. Eine andere klare Indikation für einen Eingriff wurde schon von Dr. Staikov erwähnt – der unerfüllte Kinderwunsch. Wenn keine Gründe für die Infertilität bestehen kann das ein Hinweis auf Endometriose sein, denn rund 30% der Frauen, die eine Kinderwunschbehandlung brauchen, haben Endometriose. Grundsätzlich wird aber immer mit der Patientin besprochen, ob eine Operation in Frage kommt. Gemeinsam besprechen wir, was ihre Beschwerden sind und was sie für einen Leidensdruck haben. Es muss nicht immer operiert werden, aber durch die Entfernung der Herde kann sich die Patientin deutlich besser fühlen. Wie bereits erwähnt, können sie aber leider auch wiederauftauchen. Mir ist es aber wichtig, dass es den Patientinnen nicht nur durch regelmässige Eingriffe bessergeht. Individuell auf jede Patientin abgestimmt, versuchen wir eine Kombination von verschiedenen Methoden zu kombinieren, die nachhaltig ist. Wie lange dauert ein Eingriff in der Regel? Dr. Kostov: Das ist abhängig von der Ausdehnung der Krankheit. Mein Ziel nach einer Operation ist es, einer Patientin zu sagen: “Sie sind endometriosefrei”. Die Operation wird somit nicht an Zeiten angepasst. Ich nehme mir so lange Zeit, bis ich alle möglichen Herde entfernt habe. Das kann von 30 Minuten bis zu drei bis vier Stunden dauern. Dr. med. Plamen Kostov während einer Endometriose Operation Melanie Vogt, Sie wurden auch von Dr. Kostov operiert. Wie ging es Ihnen vor und nach dem Eingriff? Melanie Vogt: Als ich die Diagnose Endometriose bekam, war ich sehr traurig. Ich kann mich auch noch erinnern, dass ich mich gleich fragte, ob ich überhaupt Mutter werden kann. Vor der Operation 2014 war ich aber nicht nervös. Der Anblick nach der Operation mit den vielen Pflastern und dem Katheter war schon ungewohnt. Wissen Sie noch, wie lange die erste Operation dauerte? Melanie Vogt: Ich glaube zwischen ein bis zwei Stunden. Sie wurden bereits mehrmals operiert... Melanie Vogt: Genau. Vor sechs Wochen das letzte Mal. Da hat man festgestellt, dass ich endometriosefrei bin. Was war das für ein Gefühl? Melanie Vogt: Es war eine unglaublich schöne Nachricht, aber ich hatte auch Mühe die Worte zu verinnerlichen, weil ich es gar nicht glauben konnte. Kann man Endometriose vorbeugen? Dr. Staikov: Nein, gemäss heutigem Stand der Medizin kann man das leider nicht. Deswegen ist die Früherkennung so wichtig. Man kann aber durch einen gesunden Lebensstil und einer komplexen Therapie das Wiederkehren beeinflussen. Dr. Kostov: Der Ursprung der Krankheit ist noch nicht geklärt. Deshalb kann man noch nicht definieren, wie und ob sie vorgebeugt werden kann. Was wir allerdings wissen, ist, dass nach einer operativen Entfernung der Endometrioseherden in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung die Wiederkehr verlangsamt oder sogar vollständig verhindert werden kann. Ist Endometriose vererbbar? Dr. Kostov: Endometriose ist eine multifaktorielle Krankheit. Die genetischen Faktoren spielen sicher eine Rolle. Wenn Sie aber wissen, dass Sie von Endometriose betroffen sind und Ihre Tochter ähnliche Beschwerden hat, ist es empfehlenswert, ihnen nachzugehen und aufmerksam zu sein. Es können auch Frauen im Teenager-Alter an Endometriose erkranken. Welche Beschwerden hatten Sie, Melanie Vogt, und wann haben Sie sich dazu entschlossen, ärztliche Hilfe aufzusuchen? Melanie Vogt: Wenn ich meine Periode hatte, konnte ich oftmals nicht Essen oder Trinken, weil ich so einen aufgeblähten Bauch hatte, aber auch Schmerzen beim Stuhlgang waren leider normal. Ich kann mich gut an den Tag erinnern, an dem ich tatsächlich Hilfe aufsuchte: Ich traf meine Eltern zum Mittagessen. Ich litt an Bauschmerzen und mein Bauch war wieder mal aufgebläht. Wir sassen im Restaurant und mein Vater meinte, dass ich mich untersuchen lassen solle, weil da bestimmt etwas nicht stimme. Ich ging also ins Spital. Die Ärzte hatten schnell den Verdacht, dass es sich um Endometriose handelte, ich wusste aber damals nicht was das bedeutete. Das war das erste Mal, dass ich mit der Krankheit konfrontiert wurde. Mittlerweile setzten Sie sich dafür ein, dass es anderen nicht gleich wie Ihnen geht und sie hoffentlich schon früher über die Krankheit Bescheid wissen. Können Sie erzählen, was Sie, gynpoint, und das See-Spital für Projekte dafür in die Wege geleitet hat? Melanie Vogt: Zum einen haben wir eine Endometriose-Helpline lanciert. Bei der Helpline dürfen sich alle melden, die Fragen zur Krankheit haben. Ausserdem haben wir eine Endometriose-Aufklärungsbroschüre entworfen. Nach Absprache konnten wir die Broschüre mittlerweile diversen Schulen sowie Haus- und Kinderärzten zustellen. Es haben uns aber auch schon andere Institutionen angefragt, die mithelfen wollen, dass die Krankheit bekannter wird. Dr. Staikov: Ein weiteres Projekt nennt sich “Love Letters to my Uterus” (Link zur Webseite). Im Rahmen dieses Fotoprojektes haben sich an Endometriose erkrankte Frauen ablichten lassen. Ihre Bilder erzählen ihre Geschichten und sollen Mut und Hoffnung vermitteln. Trotz dieser Diagnose kann, durch kompetente und ganzheitliche Betreuung, eine Verbesserung der Lebensqualität bis zur «Heilung», sowie im einzelnen Fall bis zur Erfüllung des Kinderwunsches erreicht werden. Die Ergebnisse können sie sich auf unserer Webseite ansehen. Wenn sich die Corona-Situation verbessert, ist auch eine Vernissage geplant. Wir werden auf jeden Fall auch in Zukunft alles daran setzen, über die Krankheit aufzuklären. Nicht nur im Monat März. Über die Social Media Kanäle von gynpoint, der Endometriosevereinigung Schweiz und denjenigen des See-Spitals bleiben Sie über künftige Projekte informiert. Die Endometriose-Helpline erreichen Sie unter: 079 260 70 12 Wenn Sie interessiert an einer Endometriose-Aufklärungsbroschüre sind, dürfen Sie sich gerne bei melanie.vogt@gynpoint.ch melden. Verbindung zu den Leistungen vom See-Spital Unter diesem Link finden Sie alle wichtigen Informationen zu unserer Frauenklinik. zur FrauenklinikAndere Blogartikel zurück zur ÜbersichtSocial Media besuchen besuchen besuchen Beitrags-Navigation Previous postIm Interview mit unserer Leitenden Hebamme Dayo OliverNext postIm Interview mit den Glockenhof-Mitarbeitenden im See-Spital